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Kombinieren mehrerer Störschreiber zu einem Gerät

Im letzten Blog haben wir uns mit dem Zusammenführen und Überlagern von Störaufzeichnungen aus unterschiedlichen Datenquellen beschäftigt, um Netzstörungen ortsübergreifend auszuwerten zu können. Dabei lag der Fokus auf der manuellen Überlagerung der Daten unter Benutzung der SHERLOG-Expert Analysesoftware.

Im aktuellen Release der SHERLOG-Expert Software haben wir jetzt zusätzlich die Möglichkeit geschaffen, Störaufzeichnungen von beliebig vielen SHERLOG CRX und EPPE CX Geräten automatisch zu einer einzelnen Störaufzeichnung zusammenzuführen. Da das Zusammenführen der Daten innerhalb der SHERLOG-Expert Software erfolgt, spielt es keine Rolle, ob die einzelnen Geräte zusammen in einer Station oder über ganze Regionen verteilt verbaut worden sind.

Ein einzelnes SHERLOG CRX kann mit bis zu 32 Analog- und bis zu 128 Binäreingängen ausgestattet werden. In vielen Stationen sind jedoch deutlich mehr Signale zu überwachen, so dass fast immer mehre SHERLOGs innerhalb einer Station zum Einsatz kommen. Dabei sorgt die KoCoS-Interlink-Schnittstelle dafür, dass immer alle Geräte absolut zeitsynchron arbeiten und Cross-Trigger Informationen für die parallele Aufzeichnung von Netzstörungen untereinander ausgetauscht werden.

 

Durch die neue Funktionalität der SHERLOG-Expert Software ist es nun möglich, sogenannte kombinierte Geräte anzulegen, und diesen beliebige  SHERLOG CRX oder EPPE CX Geräte zuzuordnen. Ein kombiniertes Gerät besteht also aus mindestens 2 oder mehreren physikalischen Geräten. Die Störaufzeichnungen dieser kombinierten Geräte beinhalten dann automatisch alle Kanäle aller zugeordneten Geräte, zusammengefasst in einer Aufzeichnung.

 

 

Diese Methode vereinfacht das Handling und die Störanalyse wesentlich, da je Netzfehler nur eine einzige Datei geöffnet, analysiert oder weitergegeben werden brauch. Selbstverständlich besteht weiterhin die Möglichkeit, wie gewohnt auf die Aufzeichnungen der einzelnen physikalischen Geräte separat zuzugreifen.

Ortsübergreifende Auswertung von Netzstörungen

Das Zusammenführen und Überlagern von Störaufzeichnungen unterschiedlicher Datenquellen ist eine gängige Praxis bei der Analyse von Netzstörungen. So lässt sich z.B. die Auswirkung von Netzfehlern an unterschiedlichen Messorten, sogar über mehre Spannungsebenen hinweg, übersichtlich darstellen, auswerten und dokumentieren.

Die SHERLOG Analysesoftware von KoCoS beherrscht diese Überlagerung schon seit der ersten Generation. Dank des weltweit standardisierten COMTRADE-Datenformats für Störaufzeichnungen, funktioniert die Überlagerung sogar hersteller- und geräteübergreifend. So können Aufzeichnungen von unterschiedlichen Störschreibern, digitalen Schutzrelais und Energiequalitätsmonitoren mit Störschreiberfunktion sehr komfortabel und schnell  in eine gemeinsame Aufzeichnung überführt und ausgewertet werden.

 

Die Ergebnisse der Überlagerung sind umso besser, je präziser die einzelnen Datenquellen zeitsynchronisiert sind. Zeitabweichungen resultieren in Phasenfehlern. So hat beispielsweise eine Zeitabweichung von nur einer Millisekunde einen Phasenfehler von 18° in 50 Hz Netzen zur Folge. In 60 Hz Netzen sogar 21,7°.

Die erste Wahl für Störschreibersysteme mit höchster Genauigkeitsanforderung ist deshalb eine Synchronisation mittels GPS-Zeittelegramm und Sekundenimpuls oder alternativ über Netzwerk nach IEEE 1588 /IEC 61588 Standard (PTP). Die Zeitabweichungen bei diesen Systemen bewegen sich im Nano- bis Mikrosekundenbereich und lassen somit praktisch keinen Phasenfehler erkennen (<0,1°).  

Sehr beliebt und weit verbreitet ist es jedoch, die Zeitsynchronisation mit GPS-Zeitservern zu realisieren, die die Zeitinformation mittels NTP-Protokoll über das Kommunikationsnetzwerk (LAN) versenden. Hierbei kommt es in der Regel zu Abweichungen zwischen 0,2 und einer Millisekunde in lokalen Netzen. In verteilten Netzen (WAN) sind sogar Abweichungen bis 10 Millisekunden möglich.

Bei einer Zeitsynchronisation mittels DCF-77 Empfängern, sind Abweichungen von 5 bis 15 Millisekunden zu erwarten.  

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Zeitabweichungen durch unterschiedliche Synchronisationsmethoden in der Praxis durchaus bis zu 15 Millisekunden betragen können. Hinzu kommen noch größere Abweichungen durch fehlerhafte oder gänzlich fehlende Synchronisation.

Um diesem Umstand gerecht zu werden, bietet die Analysesoftware von KoCoS effiziente Methoden an, um vorhandene Zeitunterschiede zwischen den Datenquellen sicher und schnell auszugleichen und ermöglich somit eine detaillierte und korrekte Analyse.

Bei den SHERLOG und EPPE Messsystemen von KoCoS kann übrigens sichergestellt werden, dass es gar nicht erst zu einer Zeitabweichung zwischen einzelnen Geräten kommen kann. Der geräteinterne GPS- Empfänger oder die optischen und elektrischen Eingänge für den Anschluss an externe GPS-Quellen, synchronisieren die Systeme exakt.

Aber auch bei der Verwendung einer Zeitquelle mit größeren Abweichungen wie z.B. DCF-77 Empfängern oder SNTP, sorgt das Master-Slave Prinzip über die KoCoS eigene Interlink-Schnittstelle für eine exakte Zeitsynchronisation der Geräte untereinander. So kann es zwar bedingt durch die Genauigkeit der verwendeten Zeitquelle zu einer absoluten Zeitdifferenz kommen, jedoch laufen alle über die Interlink-Schnittstelle verbundenen Geräte absolut synchron.

 

Durch diese Methode ist jederzeit eine perfekte Überlagerung von Störaufzeichnungen sichergestellt. Selbst bei einem Totalausfall der verwendeten Zeitquelle.

 

 

Redispatch 2.0

Stromnetzbetreiber sind nach dem Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet, für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Elektrizitätsversorgung in ihrem Netz zu sorgen.

Redispatch bezeichnet die Eingriffe in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken, um Leitungsabschnitte des Stromnetzes vor Überlastung zu schützen und Engpässe zu vermeiden. Droht eine Überlastung, werden bestimmte Kraftwerke angewiesen, ihre Einspeiseleistung zu drosseln. Zeitgleich müssen andere Kraftwerke ihre Einspeiseleistung erhöhen. Diese bilanziell neutrale Regelung erzeugt einen Lastfluss, der dem Engpass entgegen wirkt.

Durch den stetigen Zuwachs erneuerbarer Energien, deren Einspeiseleistung maßgeblich auch vom Wetter bestimmt wird und im Tagesverlauf starken Schwankungen unterliegt, müssen Netzbetreiber immer häufiger Redispatch-Maßnahmen durchführen. 

Bisher wurde der Redispatch nur mit konventionellen Großkraftwerken ab 10 MW durchgeführt.

Mit dem neuen Redispatch 2.0 werden zudem alle Erzeugungsanlagen ab einer Erzeugungsleistung von 100 kW sowie kleinere Anlagen, die bereits heute durch den Netzbetreiber fernsteuerbar sind, in diesen Regelungsprozess verpflichtend einbezogen. Dazu gehören auch viele dezentrale KWK, Wind- und Photovoltaikanlagen Anlagen. 

Ziel ist es, verstärkt noch genauere Prognosedaten für eine vorausschauende Netzregelung einzusetzen, um die Netzstabilität sicherzustellen und Engpässe zu vermeiden. Zudem liegen dezentrale EEG-Anlagen häufig näher an dem aufzulösenden Engpass und können somit zielgerichteter eingesetzt werden. Das reduziert die notwendigen Regelleistungen von Großkraftwerken und hilft, die Kosten im Gesamtsystem zu senken.   

Mit dem Inkrafttreten des Redispatch 2.0 zum 01.10.2021 sind Betreiber von betroffenen Erzeugungsanlagen verpflichtet, regelmäßig umfassende Daten an den Netzbetreiber zu liefern. Dazu gehören unter anderem auch die Live-Messdaten der Anlage, mit denen der Netzbetreiber die ihm zur Verfügung stehende Leistungsreserve auf Basis des Leistungsmittelwertes der vergangenen 15 Minuten ermitteln und für den Redispatch heranziehen kann. Diese Daten dienen außerdem zur Ermittlung von möglichen Entschädigungszahlungen.  

Aber nicht nur die Leistungsdaten sind hier von Interesse. Die geltenden technischen Anschlussregeln für Energieerzeugungsanlagen in Mittel- und Hochspannungsnetzen VDE-AR-N 4110 und VDE-AR-N 4120 schreiben zusätzlich die Überwachung der Spannungsqualität nach EN 50160 Klasse A sowie die hochauflösende Erfassung von Netzstörungen vor.

Die Messsysteme der EPPE und SHERLOG Produktlinien erfüllen die gestellten Anforderungen vollständig. Permanente Spannungsqualitätsmessungen, transiente Störfallaufzeichnungen sowie Echtzeit-Messdatenübertragung und -visualisierung werden auf diesen Systemen parallel und unabhängig voneinander ausgeführt.   

Spannungen und Ströme werden mit einer zeitlichen Auflösung von 200 kHz und einer  Messabweichung von maximal 0,05% erfasst. Die resultierenden Daten werden in einem 32 GB fassenden Ringspeicher ausfallsicher gespeichert und per Kabel oder LTE/G5-basierter Netzwerkverbindung übermittelt oder können direkt am Gerät mittels USB-Schnittstelle ausgelesen werden. Die Datenfernübertragung kann sowohl zeit- als auch Ereignisgesteuert erfolgen. Somit kann z.B. schon wenige Sekunden nach einem Störungseintritt automatisiert ein detaillierter Fehlerbericht inklusive der Fehlerart, Fehlerdauer, den aufgetretenen Maximalwerten, der Fehlerimpedanz und dem Fehlerort durch die zugehörige Expert Software erzeugt und z.B. per E-Mail an die Betriebsführung gesendet werden. Spannungsqualitätsberichte können ebenfalls automatisiert erzeugt und als PDF-Bericht abgelegt werden. Echtzeit Messdaten lassen sich z.B. über MODBUS oder IEC 61850 auslesen und über den integrierten Webserver auf allen gängigen Browsern und Plattformen visualisieren.

Anteil erneuerbarer Energie nimmt stetig zu

In Deutschland betrug der Anteil erneuerbarer Energien im Jahr 2019 rund 43% des Bruttostromverbrauchs. Insgesamt wurden dazu etwa 242,5 Mrd. kWh Strom aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt.  

Ziel ist es, den Anteil bis zum Jahr 2030 auf 65% zu steigern.

Der weltweite schnelle Ausbau erneuerbarer Energiequellen im Stromsektor ist definitiv der richtige Weg. Er generiert aber auch unerwünschte Nebeneffekte. So ist die über Jahrzehnte gewachsene Struktur des Stromnetzes in weiten Teilen nicht für eine dezentrale Energieeinspeisung ausgelegt. Viele Netzabschnitte werden bereits heute an der Grenze der Leistungsfähigkeit betrieben. Je weiter der dezentrale Zubau voranschreitet,  umso anspruchsvoller und aufwändiger wird es, die Energiequalität zu überwachen und sicherzustellen.

 

Faktoren, die den Ausbau von PQ-Messungen forcieren

Der erhöhte Bedarf an PQ-Messstellen ist eine direkte Folge des Zubaus regenerativer Energiequellen und dem damit verbundenen Änderungen an der grundsätzlichen Architektur der Stromversorgungsnetze.

Es findet eine kontinuierliche und zunehmende Änderung von einem zentralisierten Erzeugungsmodell auf ein dezentrales Modell statt, um immer mehr erneuerbare Energiequellen - oft in kleineren Leistungskategorien und in stark verteilter Ausführung-  einbinden zu können.

Dieses neue Modell verändert die Charakteristik und die im System fließenden elektrischen Signaturen grundlegend.  Eine Veränderung, die einen zunehmenden und dringenden Bedarf an genauen Messungen der Spannungsqualität an mehr und mehr Verknüpfungspunkten innerhalb des Verteilungsnetzes schafft. Diese Messungen dienen nicht nur der Erfassung von Qualitätsparametern sondern decken zum Beispiel auch unerwünschte Wechselwirkungen zwischen Netzkomponenten auf, die nicht selten nur unter ganz bestimmten Betriebszuständen auftreten und zu Abschaltungen, instabilen Betriebszuständen oder im zu einer Leistungsminderung führen können.  

Die grundlegenden Änderungen unserer Energieerzeugungs- und -Verteilungssysteme gebieten es, die Überwachung der Spannungsqualität sowie die lückenlose Aufzeichnung aller Netzvorgänge zukünftig noch ernster zu nehmen.

 

Fazit

 

Unsere Messsysteme der EPPE und SHERLOG Produktlinie bieten hierfür eine zuverlässige und robusteste Plattform für den Einsatz in allen Spannungsebenen an.