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Hintergrund

Viele Menschen nutzen bis zu mehreren Stunden täglich ein Smartphone mit Internetzugang. Im Jahr 2020 lag die Anzahl der Smartphones, die weltweit im Umlauf waren, bei über 8,15 Milliarden [Quelle: statista]. Weltweit sind große Datenmengen im Umlauf, alleine auf Youtube werden pro Sekunde 400 Stunden Videomaterial veröffentlicht [Quelle: brandwatch]. Die sogenannten Big Data sind exponentiell wachsende Mengen an Daten, die online abrufbar sind und in großen Serverzentren gespeichert sind. Voraussetzung dafür ist die Infrastruktur in diesen Serverzentren, deren Betrieb mit einem jährlich steigenden Energieverbrauch verbunden ist.
Allein bei Google gehen 3,8 Millionen Suchanfragen in der Minute ein, ergab eine Studie im Auftrag der Wirtschaftswoche. Die Mitglieder von Facebook laden jede Minute ca. 250.000 Bilder hoch und der Musikdienst Spotify streamt im Schnitt jede Minute 1,5 Millionen Lieder.

Energieverbrauch durch den Internetbetrieb und CO2-Emission

Wer eine Suchanfrage auf Google stellt, hat pro Suchanfrage einen Verbrauch von 0,003 kWh – genug Energie, um eine 60-Watt Glühlampe für 17 Sekunden zum Leuchten zu bringen. Jeder Google-Nutzer könnte mit seinen monatlichen Suchanfragen eine 60-Watt-Glühlampe für drei Stunden betreiben. Für den Gesamtenergiebedarf müssten allerdings noch internetfähiges Endgerät und Internetzugang des Nutzers mit eingerechnet werden.
Der Stromverbrauch einer einzigen Suchanfrage entsteht an drei verschiedenen Stellen:

  1. Der Stromverbrauch des internetfähigen Endgerätes.
  2. Der Stromverbrauch der Netze wie Mobilfunkstation und Internetrouter.
  3. Der Stromverbrauch der Rechenzentren- und Datenzentren mit seinen Servern und Kühlsystemen, die wiederum aus Klimaanlagen, Ventilatoren und Rückkühlungen bestehen.

Im Jahr 2020 betrug laut dem Borderstep Institut der Energieverbrauch aller Server- und Rechenzentren in Deutschland ca. 16 Milliarden kWh. Mit dieser Energie könnten 4,8 Millionen Drei-Personen-Haushalte, mit einem Energiebedarf von 3.300 kWh/a, versorgt werden.
Wenn das Internet ein Land wäre, wäre es gemessen am Stromverbrauch das drittgrößte Land der Welt. Es ist auf der dritten Position nach China mit 5,564 Milliarden kWh (2020) und den USA mit 3.902 Milliarden kWh (2020) und noch vor Indien mit 1.137 Milliarden kWh (2020). Nach aktuellen Abschätzungen benötigt der Betrieb des Internets zurzeit weltweit Energie zwischen 1.100 bis 1.300 Milliarden kWh/a.
Aktuell liegt der jährliche Energiebedarf bei der Nutzung digitaler Dienste unter einem Prozent des weltweiten Energiebedarfs (ca. 160.000 Milliarden kWh). Der Google-Konzern benötigt nach eigenen Angaben derzeit 5,7 Milliarden kWh pro Jahr, dies entspricht dem Energiebedarf einer amerikanischen Großstadt. Laut WDR sollen 2030 13 Prozent des gesamten Weltenergiebedarfes für den Internetbetrieb notwendig sein. Somit verursachen Web, Apps und vor allem das Streamen von Filmen und Serien schon bald eine ebenso hohe CO2-Belastung wie der gesamte weltweite Flugverkehr (vor Corona), schätzt das Borderstep Institut.
Das französische Forschungsprojekt „The Shift-Project“ fand heraus, dass allein die Nutzung von Onlinevideos einen CO2 Ausstoß äquivalent zum Energiebedarfes von Spaniens im Jahr 2018 hat. Die Klimaforscher aus Frankreich haben ausgerechnet, dass 23 Bäume pro Sekunde gepflanzt werden müssten, um die weltweit durch Google-Anfragen verursachte CO2-Emission auszugleichen. Das wären fast zwei Millionen Bäume pro Tag.

Auswirkungen des Technologiesprungs zum Mobilfunkstandard 5G

Mit dem Technologiesprung zum Mobilfunkstandard 5G wird der Energiebedarf von Rechenzentren drastisch ansteigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine von E.ON bei der Universität RWTH Aachen beauftragte Studie. Danach kann 5G den Strombedarf in Rechenzentren um bis zu 3,8 Milliarden kWh bis zum Jahr 2025 erhöhen. Das ist genug Energie, um die 2,5 Millionen Einwohner der Städte Köln, Düsseldorf und Dortmund ein Jahr lang zu versorgen.
Ein schnellerer mobiler Internetzugang ruft laut des französischen Shift Project ein sich stark wandelndes Nutzungsverhalten hervor. Mobiles Surfen wird dank 5G immer schneller und möglichweise zugleich günstiger. So hat sich heute schon das durchschnittliche monatliche Datenvolumen in Deutschland in den letzten zehn Jahren von 0,027 auf 2,5 Gigabyte verhundertfacht.
Grundsätzlich gilt, dass der Zugang zum World Wide Web über das Mobilfunknetz deutlich mehr Strom benötigt, als über das heimische Kabel. Experten gehen hier sogar von einem bis zu 23x höheren Energiebedarf aus. Je höher die verfügbare Geschwindigkeit unterwegs ist, umso geringer ist das Bedürfnis, zuhause das WLAN zu nutzen. Ein energetischer Teufelskreis.

Weitere Streiflichter als kurze Faktensammlung

  1. Wer jedes Jahr eine oder zwei Stunden täglich einen Streamingdienst auf seinem Fernseher nutzt, verursacht einem Stromverbrauch, mit dem man ein halbes Jahr lang seinen A+++-Kühlschrank laufen lassen kann.
  2. Laut dem Shift-Project verbraucht eine Stunde Streamen über Netflix in HD-Qualität die gleiche Energiemenge wie eine Stunde Brotbacken im Backofen.
  3. Laut Stern verursacht der Energieverbrauch einer typischen Email im Schnitt eine Emission von einem Gramm CO2. Da Nutzer im Schnitt 30 E-Mails am Tag verschicken, könnten sie mit dieser Energie eine 4-Watt-LED für 15 Stunden zum Leuchten bringen.
  4. Laut dem kanadischen Netzanalyseunternehmen Sandvine entfällt fast die Hälfte des mobilen Internet-Verkehrs auf Smartphones weltweit auf Video-Streaming (49 Prozent). Wiederum knapp die Hälfte dieser Kategorie beansprucht YouTube für sich (48 Prozent). Damit ist Googles Video-Tochter mit großem Abstand der größte Bandbreitenfresser und beansprucht knapp ein Viertel des gesamten mobilen Internetverkehrs für sich (23,5 Prozent).[Michael Kroker]
  5. Das Shift Project hat berechnet, dass eine halbe Stunde Streaming ca. 1,6 kg CO2 verursacht. Das entspricht einer Autofahrt von 6,28 km. Demnach war Streaming im vergangenen Jahr für einen Ausstoß von Treibhausgasen verantwortlich, der genauso hoch war wie der Spaniens. Es wird angenommen, dass sich diese Menge in den nächsten 6 Jahren verdoppeln wird.
  6. Mit 20 Google-Suchanfragen brennt eine Energiesparlampe 1 Stunde lang!
  7. 10 Stunden high-definition Videos verbrauchen mehr Energie als alle englischen Wikipedia Artikel im Textformat.
  8. Die Kryptowährung Bitcoin hinterlässt einen deutlichen CO2-Fußabdruck: Der Stromverbrauch bei der Schöpfung von Bitcoin liegt pro Jahr bei etwa 46 Milliarden kWh Strom.
  9. Wenn zehn Millionen Menschen einen Film im Fernsehen schauen, löst das nur eine einzige Ausstrahlung aus. Wenn aber zehn Millionen Menschen einen Film streamen, löst das auch zehn Millionen Übertragungen, mit dem entsprechenden Energiebedarf, aus.

Wohin mit der Wärme?

Durch das Wachstum der Streaming-Branche steigt die Zahl der Rechenzentren. Schon heute ist Frankfurt der größte Internetknoten weltweit. Und jedes dieser Rechenzentren hat einen Stromverbrauch einer Kleinstadt. Sie machen zusammen 25 Prozent des Stromverbrauchs der Stadt Frankfurt aus. Bei dem Betrieb dieser Rechenzentren entstehen große Wärmemengen, die mit Hilfe von Kälteanlagen kompensiert werden müssen.
Bis zum Jahr 2025 werden bundesweit laut E.ON bis zu 8 Milliarden kWh Abwärme zur Verfügung stehen. Hier verbirgt sich ein großes Potenzial für die nachhaltige Nutzung dieser Energie. Allein In Deutschland gibt es mehr als 53.000 Rechenzentren mit über 2 Millionen Servern. Heute wird die Abwärme von Rechenzentren noch nicht konsequent genutzt. Nur 19 Prozent der weltweiten Rechenzentren verwenden Teile ihrer Abwärme weiter.
Diese Abwärme ist wertvolle Energie. Knapp die Hälfte der eingesetzten elektrischen Energie wird in Wärme umgewandelt. In Zukunft können Rechenzentren zur Wärmeversorgung von Wohnsiedlungen und ganzen Stadtteilen genutzt werden.
Laut WDR kommt eine andere Idee aus Dresden. Die Server eines Rechenzentrums müssen nicht an einem Ort stehen, sondern können auch verteilt betrieben werden. So könnte in Mehrfamilien-Häusern Server im Keller stehen und deren anfallende Abwärme für Heizung und Warmwasser genutzt werden.

Kleine Ursache, große Wirkung

Bei Umwelt- und Klimaschutz können auch viele kleine Dinge in der Folge großes bewirken. Vieles beginnt mit einer Veränderung des Verhaltens. Können vielleicht Newsletter abbestellt werden, die man nicht mehr liest? Muss die Serie wirklich „zwischendurch“ online gestreamt werden oder doch lieber entspannt zuhause auf dem Sofa im WLAN? Müssen wirklich alle Dateien in einer Cloud gespeichert werden oder reicht auch die lokale Festplatte? Sollten alte Mails aus dem Speicher des Postfachs gelöscht werden?
In einem Experiment hielt das TV-Wissensmagazin Galileo im Jahr 2019 die Nutzer eines E-Mail-Dienstes dazu an, innerhalb einer Stunde möglichst viele Mails zu löschen. Die über 27.000 Teilnehmer der Aktion löschten insgesamt mehr als 300.000 Mails – durchschnittlich elf Stück – leerten die Papierkörbe und legten damit 50 Gigabyte Festplattenkapazität auf den Servern frei: Nach Schätzungen des Rechenzentrums eine Ersparnis von schätzungsweise 1,7 Kilogramm CO2. Würde bundesweit jeder Nutzer 11 Mails am Tag löschen würden 91.000 t CO2/a gespart. Das wäre der Energieverbrauch von ca. 125.000 Menschen.

Aussicht

Bis 2030 könnten allein 13 Prozent des gesamten weltweiten Strombedarfs durch den Betrieb von Rechenzentren verursacht werden. Das Surfen im Netz und das Streamen von Unterhaltungsangeboten verursacht eine ebenso hohe CO2-Belastung wie der gesamte, weltweite Flugverkehr (vor Corona), schätzt das Borderstep Institut. Laut dem Shift Project ist davon auszugehen, dass digitale Technologien heute schon für vier Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind und deren Energieverbrauch jährlich um bis zu 9 Prozent wachsen könnte.

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